~ 30. Oktober ~
Obgleich die meisten Feste in Khakov in den restlichen Mittellanden mit viel Gesang, Tanz und ausgiebigen Trinkgelagen verbunden werden, gilt der „Tag der Toten“, oder auch das „Gedenkfest der Ahnen“ genannt, als ein ruhiges und besinnliches Fest in Kharkov.
Gleich welchen Standes man angehört gedenkt man an diesem Tag und der sich anschließenden Nacht der Ahnen seiner Familie. Man trifft sich im Kreis der Familie oder der Freunde und gedenkt denen, welchen man das Geschenk der Geburt zu verdanken hat und welche von dieser Welt in die nächste Einzug gefunden haben.
In wohlhabenden Familien werden die gemalten Bildnisse der Eltern und Großeltern in der Mitte der Wohnstube auf einen mit Blumen geschmückten Tisch aufgestellt, während man sich in ärmeren Häusern auf Holztafeln mit dem Namen der Verstorbenen beschränkt. An diesem Tage, so erzählt man sich, kehren die Toten in die Häuser der Lebenden zurück. Zwar sind sie unsichtbar für das Auge, doch so mancher erzählt, er hätte während des Festes die Nähe eines lange vermissten Menschen gespürt oder seine Stimme gehört. In dieser Nacht erzählt man im Schein der Kerzen den Bildnissen der Ahnen von den Geschehnissen seit dem letzten Tag der Toten. Man zeigt ihnen wie groß die Kinder geworden sind und berichtet ihnen, wie es dem Acker, dem Land oder dem Wohnsitz ergangen ist, seit der Verstorbene es in die Hände der Lebenden abgegeben hat.
Neben den Gesprächen mit den Ahnen werden auch feierlich die Taten und Erfolge der Verstorbenen von dem Oberhaupt an den Rest der Familie weitergeben. Versunken lauscht man, lobt gemeinsam die Errungenschaften der Verstorbenen und nimmt diese als Ansporn gleiches zu erreichen, auf dass nach dem eigenen Tode am Tag der Ahnen von ähnlichen eigenen Erfolgen erzählt werden mag.